Politiker und Journalisten diskutieren seit einigen Jahren über die Schrift, die Kinder in der Schule lernen sollen. Jeder Mensch hat eine eigene Handschrift und fühlt sich so in der Lage, sich an der Diskussion zu beteiligen. Wo ist da die Wissenschaftlichkeit? Es gibt großartige Pädagogen, die sich ausgiebig mit dem Thema Handschrift beschäftigt haben und ihre Ergebnisse auch veröffentlichen.
Wenn Kinder in die Schule kommen, verfügen sie in der Regel nicht mehr über die feinmotorischen Fähigkeiten wie vor zwanzig Jahren. In jeder Klasse gibt es Kinder, die Schwierigkeiten mit der Stifthaltung haben, die zu viel Druck ausüben oder einfach nicht die Ruhe und Konzentration haben, einen kleinen, geraden Strich zu ziehen. Zunächst ist eine Druckschrift sinnvoll, weil sie am Anfang aus überwiegend geraden Strichen besteht und einfach zu schreiben ist. Druckschrift zu schreiben ist aber noch keine Handschrift. In einem nächsten Schritt lernen die Kinder, Buchstaben miteinander zu verbinden.
Jeder Erwachsene hat eine persönliche Handschrift. Keine gleicht der anderen. Wenn Sie jetzt einen Satz aufschreiben, wird Ihnen auffallen, dass Sie immer zwei oder drei Buchstaben miteinander verbinden. Nie wird das ganze Wort in einem Zug geschrieben. Das liegt an der Motorik unserer Hand. Es fällt uns leichter, kurze Einheiten miteinander zu verbinden. Ein kleines a fängt immer oben an, kein Erwachsener würde ein a unten anfangen zu schreiben.
Deshalb macht es Sinn, mit Kindern die Schrift auf Schreibbarkeit zu überprüfen und zu lernen, die Buchstaben miteinander zu verbinden, wo es die Hand auch gut ausführen kann. Unser Ziel sollte sein, dass die Kinder sauber und schnell schreiben können. Es gibt Kinder, die wenige Buchstaben verbinden, weil die Lesbarkeit sonst abnehmen würde. Einige Kinder verbinden möglichst viele Buchstaben und verwenden auch gerne Schleifen an einzelnen Buchstaben wie zum Beispiel dem G und sie schreiben trotzdem sauber und schnell.
Jedes Kind bringt unterschiedliche feinmotorische Fähigkeiten mit und die müssen berücksichtigt werden in Bezug auf die Kriterien Lesbarkeit und Schnelligkeit. So ein Schreiblehrgang braucht Zeit und individuelle Begleitung, aber es führt zu einem guten Ergebnis. Jedes Kind entwickelt eine persönliche Handschrift, aber es braucht viel Übung. Wer viel schreibt, schreibt gut. Wer mit Leichtigkeit schreibt, schreibt gerne.
Diesen Lehrgang nennt man Grundschrift.
In den Medien wird eine Schreibschrift mit verbundenen Buchstaben gefordert. Ich fordere dagegen, Kindern zu helfen, eine Handschrift zu entwickeln.
Viele Schulen bringen ihren Kindern die Vereinfachte oder Lateinische Ausgangschrift bei. Das sind Schriften aus den 50er Jahren und dabei erlernen die Kinder nach der Druckschrift noch einmal alle Buchstaben neu, nämlich in Schreibschrift. Das Ziel ist, dass alle Kinder die Buchstaben nach Vorlage abmalen und ganze Wörter miteinander verbinden. Kinder, die Schwierigkeiten dabeihaben, probieren es aus und wenn sie es nicht können, kehren sie zu den Druckbuchstaben zurück. Kennt jemand einen Erwachsenen, der noch in dieser Schrift schreibt? Am Ende der staatlichen Grundschule schreiben ungefähr 80% der Kinder wieder Druckbuchstaben, haben nicht gelernt, sinnvoll zu verbinden und leicht zu schreiben.
Fakt ist, dass viele Kinder am Ende der Grundschulzeit unleserlich und zu langsam schreiben. Wird es dann nicht Zeit, etwas zu verändern?
Wenn dann die Politik nach einem Verfahren ruft, welches über Jahrzehnte uns nun in diese Situation gebracht hat, stimmt etwas nicht.
Überlassen wir doch die Schrift den Pädagogen und Wissenschaftlern, die sich damit auskennen. Ich empfehle deshalb den Grundschulverband (Grundschrift – Grundschulverband e.V.).
